Hier finden Sie eine Übersicht über die wesentlichen Features der neuen Regeln für Investitionsverfahren:

  • Artikel 1 WRI und Artikel 1 WMRI definieren den Anwendungsbereich der VIAC Schieds-und Mediationsordnung für Investitionsverfahren.

  • Artikel 4 WRI enthält eine für Investitionsverfahren wichtige Bestimmung über den Verzicht auf Immunität.
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  • In Artikel 6 WRI wurden neue Definitionen für „Prozessfinanzierung“, „Nicht an der Streitigkeit beteiligten Parteien“ und für „Nicht an der Streitigkeit beteiligten Vertragsparteien“ aufgenommen, da es entsprechende Bestimmungen dazu gibt (Artikel 13a, Artikel 14a WRI).

  • Die Angaben, die eine Schiedsklage zu enthalten hat, wurden dahingehend ergänzt, dass die Nationalität der Parteien anzugeben ist (Artikel 7 Abs 2.2 WRI) sowie auch das Instrument, in dem die Zustimmung der Parteien die Streitigkeite einem Schiedsverfahren nach den WRI zu unterwerfen, enthalten ist (Artikel 7 Abs 2.7 WRI).

  • Demgemäß soll auch die Klagebeantwortung dazu eine Stellungnahme enthalten (Artikel 8 Abs 2.2 und 2.3 WRI).

  • Alle neuen Verfahren werden mit Hilfe einer elektronischen Datenbank administriert, zudem steht den Parteien und Schiedsrichtern das VIAC-Portal für den sicheren Austausch von Falldaten zur Verfügung. Die WRI entahlten daher Bestimmungen zur elektronischen Einbringung der Schiedsklage und elektronischen Übermittlung von Schriftstücken (Artikel 7, 12 und 36 WRI und Art 1 und 3 WMRI).

  • Artikel 13a WRI enhält eine Bestimmung über Prozessfinanzierung in Investitionsverfahren, um die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Schiedsrichter durch entsprechende Offenlegungen zu gewährleisten. Zusätzlich hat das Schiedsgericht die Möglichkeit, wenn es dies für erforderlich hält, die Offenlegung konkreter Einzelheiten der Finanzierungsvereinbarung und/oder des Interesses des Prozessfinanzierers am Ausgang des Verfahrens anzuordnen. Es kann weiters – wenn erforderlich – die Offenlegung anordnen, ob der Prozessfinanzierer sich verpflichtet hat, die Haftung für Prozesskosten der Gegenpartei zu übernehmen.

  • Um Stellungnahmen von „Nicht an der Streitigkeit beteiligten Parteien“ sowie „Nicht an der Streitigkeit beteiligten Vertragsparteien“ zu ermöglichen, die bei auf Grundlage eines Abkommens oder Gesetzes eingeleiteten Investitionsverfahrens typisch und notwendig sind, wurde in Artikel 14a WRI eine entsprechende Bestimmung aufgenommen. Der Anwendungsbereich des Artikel 14 zur (generellen) Einbeziehung Dritter wurde hingegen auf Schiedsverfahren für Streitigkeiten auf Grundlage eines Vertrags beschränkt.

  • Eine Verbindung von Investitionsverfahren ist nur dann möglich, wenn beide Verfahren von VIAC administriert werden (Artikel 15 Abs 1 WRI).

  • Nach den WRI ist der Rechtsstreit grundsätzlich von einem aus drei Schiedsrichtern bestehenden Schiedsrichtersenat zu entscheiden; nur wenn der Streitwert EUR 10 Mio. nicht übersteigt, ist der Rechtsstreit von einem Einzelschiedsrichter zu entscheiden. Das Präsidium kann jedoch auch hier unter Berücksichtigung der Ansichten der Parteien bestimmt, dass die Schwierigkeit des Falles oder andere relevante Umstände die Bestellung eines Schiedsrichtersenates rechtfertigen (Artikel 17 Abs 2 WRI).

  • Auch für die Bestellung des Vorsitzenden gibt es folgende Besonderheit: Wird dieser vom Präsidium bestellt, übermittelt die Generalsekretärin den Parteien eine Liste von Kandidaten und gibt ihnen die Möglichkeit, einen Namen von der Liste zu streichen und die verbleibenden Kandidaten in der Reihenfolge ihrer Präferenz zu ordnen. Das Präsidium ernennt sodann den Kandidaten mit der höchsten Reihung. Wenn zwei oder mehr Kandidaten die höchste Reihung aufweisen, wählt das Präsidium einen von ihnen aus (Artikel 17 Abs 6 WRI).

  • Ausdrücklich normiert wurde für Investitionsverfahren, dass die Nationalität der Schiedsrichter sich von der Nationalität der Parteien unterscheidensoll, es sei denn, die Parteien haben diesbezüglich etwas anderes vereinbart (Artikel 17 Abs 8 WRI).

  • Die Einrede der Unzuständigkeit ist erst nach Konstituierung des Schiedsgerichts, jedoch spätestens mit dem ersten Vorbringen zur Sache (Artikel 24 Abs 1 WRI).

  • Artikel 24a WRi enthält eine für Investitionsverfahren wichtige Bestimmung, um „frivolous claims“ hintanzuhalten, indem die vorzeitige die Abweisung von Ansprüchen, Gegenansprüchen und Verteidigunsmitteln auf Antrag einer Partei vorgesehen wurde, wenn diese offensichtlich außerhalb der Zuständigkeit des Schiedsgerichts leigen, offensichtlich unzulässig oder offensichtlich rechtlich unbegründet sind.

  • Der Schiedsort wird mangels Parteienvereinbarung in Investitionsverfahren vom Schiedsgericht bestimmt; es gibt hier keinen fall-back Schiedsort Wien wie in den WR (Artikel 25 Abs 1 WRI).

  • Hinsichtlich des anwendbaren Rechts mangels Parteienvereinbarung hat das Schiedsgericht in Investitionsverfahren jene Rechtsvorschriften oder Rechtsregeln anzuwenden, die es für angemessen erachtet, einschließlich einschlägiger Abkommen, einschlägiger nationaler Gesetze eines Staates, einschlägigem internationalen Gewohnheitsrecht und allgemeiner Rechtsgrundsätze (Artikel 28 Abs 2 WRI).

  • Auch in Investitionsverfahren können mündliche Verhandlungen in personam oder auf andere Weise (z.B. über Videokonferenztechnologie) durchgeführt werden; das Schiedsgericht entscheidet darüber unter Berücksichtigung der Ansichten der Parteien und der besonderen Umstände des Falls (Artikel 30 Abs 1 WRI). Ähnliches gilt für Mediationssitzungen (Artikel 9 Abs 3 WMRI).

  • Um auch in Investitionsverfahren eine einvernehmliche Lösung zu ermöglichen, ist auch in den WRI ausdrücklich und klarstellend festgehalten, dass das Schiedsgericht zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens berechtigt ist, die Parteien in ihrem Bemühen um einem Vergleich zu unterstützen (Artikel 28 Abs 3 WRI).

  • Eine weitere Bestimmung zur Steigerung der Verfahrenseffizienz enthält Artikel 32 Abs 2 WRI, der eine Frist für die Erlassung des Schiedsspruchs normiert. Ein Schiedsspruch ist demnach spätestens sechs Monate nach der letzten mündlichen Verhandlung über den Entscheidungsgegenstand des Schiedsspruchs oder nach der Einreichung des letzten zugelassenen Schriftsatzes über diesen Entscheidungsgegenstand - je nachdem, was später erfolgt - zu erlassen. Diese Frist kann von der Generalsekretärin auf begründeten Antrag oder auf eigene Initiative verlängert werden.

  • Artikel 41 WRI enthält eine Regelung über die Veröffentlichung von bestimmten beschränkten Informationen über das Schiedsverfahren (im öffentlichen Interesse) und anonymisierten Zusammenfassungen von Schiedssprüchen durch VIAC. Die Vereinbarung der UNCITRAL Transparency Rules wird dadurch nicht berührt.

  • Bei der Festsetzung der Kostenvorschüsse sowie der Schiedsrichterhonorare hat die VIAC-Generalsekretärin mehr Flexibilität, um auf die größere Komplexität der Fälle in Investitionsverfahren einzugehen (Artikel 42 und 44 WRI).

  • Die Kostentabelle in Anhang 3 entspricht der Kostentabelle für Handelsstreitigkeiten, die ab 1.7.2021 neu erlassen wurde. Während die Einschreibegebühr und Verwaltungskosten für niedrige Streitwerte gleich geblieben sind, wurden die Verwaltungskosten ab einem Streitwert von EUR 100.000 und die Schiedsrichterhonorare ab einem Streitwert von EUR 200.000 erhöht, um einerseits der Komplexität in Investintionsverfahren sowie den erweiterten Serviceleistungen von VIAC (HighQ File-Sharing Plattform, elektronische Case-Management-Datenbank) Rechnung zu tragen. VIAC bleibt dennoch im internationalen Vergleich für Parteien von Investitionsverfahren aus Kostensicht sehr attraktiv; gleichzeitig wird sichergestellt, dass Schiedsrichter für anspruchsvolle Verfahren mit hohen Streitwerten fair entlohnt werden.

  • Folgende Musterklauseln für Verträge werden bereitgestellt: Schiedsklausel, Musterklausel für Arb-Med-Arb Verfahren; Mediationsklauseln; Musterklausel für VIAC als Ernennende Stelle; Musterklausel für VIAC als Administrierende Stelle (Anhang 1).

  • Die Anhänge 4 und 5 enthalten detaillierte Regelungen für diejenigen Fälle, in denen VIAC als Ernennende oder Administrierende Stelle in ad hoc Investitionsverfahren angerufen wird.

  • Die neue Verfahrensordnung für Investitionsverfahren enthält neben Regeln für Scheidsverfahren eigene Bestimmungen für die Durchführung von Mediationen bei Investitionsstreitigkeiten, um auch diesen Bereich zu fördern und eine weitere Möglichkeit der Konfliktlösung zu bieten. Auch Arb-Med-Arb Kombinationen sind möglich.